UN-Mandat auf Zypern verlängert
Viel Arbeit trotz Aufnahme der Republik Zypern in die
EU
Fachof Fabian Coulot, Basel
Ausreichende Arbeit für das 28-köpfige
Team der CIVIL AFFAIRS BRANCH bei der United Nations Peacekeeping Force
in Cyprus (UNFICYP), trotz der Aufnahme der Republik Zypern am 1. Mai
2004 zur Europäischen Union. Denn durch die vorhergegangene Volksabstimmung
vom 24. April 2004 wurde nur der offiziell anerkannte griechische südliche
Teil der Insel Zypern in die Familie der EU-Mitgliedstaaten aufgenommen.
Am Samstag, 24. April 2004 hatten die griechischen Zyprer
bei getrennten Volksabstimmungen den Friedensplan von UNO-Generalsekretär
Annan deutlich mit 75,8 Prozent abgelehnt. Im türkischen Landesteil
stimmten dagegen 64,9 Prozent für die Wiedervereinigung. Für
einen Erfolg des Referendums wäre die Zustimmung beider Volksgruppen
nötig gewesen. Daher dürfte faktisch nur der griechische Landesteil
der Europäischen Union beitreten. Der Plan von UNO-Generalsekretär
Annan sah die Schaffung einer Föderation zweier Teilstaaten nach
dem Muster der Schweiz vor.
Zypern verstehen heisst Zyperns Geschichte
zu kennen
Im Jahre 1571 annektierte das Osmanische Reich Zypern von der Republik
Venedig. Die Herrschaft der Türken währte bis zum Jahre 1878.
20'000 türkische Soldaten wurden als Wehrbauern auf der Insel angesiedelt.
Aus ihnen entwickelte sich die türkische Volksgruppe, die durch Einwanderung
aus Kleinasien verstärkt wurde. In den Städten der Insel entstanden
getrennte griechische und türkische Viertel. Die erste Änderung
an den Status der Insel trat am 4. Juni 1878 ein, als Grossbritannien
mit dem Osmanischen Reich das Abkommen «Convention of Defensive
Alliance» abschloss. Ende des 19. Jahrhunderts begann das Osmanische
Reich zu zerfallen. Unter britischem Druck erklärte es sich zur Abtretung
der Insel bereit. Die Insel blieb aber rechtlich ein Teil des Osmanischen
Reiches. Als Gegenleistung garantierte Grossbritannien u.a. die Sicherheit
des Reiches gegenüber Russland. Als das Osmanische Reich im Ersten
Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg eintrat, annektierte
Grossbritannien die Insel im November 1914. Die britische Annexion der
Insel wurde durch die Türkei im Vertrag von Lausanne (1923) akzeptiert.
1925 wurde die Insel britische Kronkolonie. Im Jahre 1931 brachen schwere
Unruhen auf der Insel aus. Die griechischen Zyprioten versuchten, durch
die offene Revolte gegen die britische Herrschaft den Anschluss der Insel
an Griechenland zu erreichen. Nach dem II. Weltkrieg kündigte die
britische Regierung Massnahmen zu einer vermehrten Selbstregierung an,
betonte aber gleichzeitig, dass ein Wechsel in der Souveränität
von Zypern nicht erwogen werde. Es gebe gewisse Commonwealth-Territorien,
die infolge der besonderen Umstände (strategischer Art) niemals erwarten
könnten, volle Unabhängigkeit zu erhalten.
EOKA - der zypriotische Freiheitskampf
1955-1959
Diese Erklärung hatte zur Folge, dass die griechisch-zypriotischen
Nationalisten in den 50er-Jahren zu den Waffen griffen. Ihr Schlachtruf:
«Enosis» - Vereinigung mit Griechenland! Die EOKA (Ethniki
Organosi Kiprion Agoniston - Nationale Organisation der zypriotischen
Kämpfer), der militärische Flügel der «Enosis»-Bewegung,
begann im April 1955 mit militärischen Aktionen gegen britische Einrichtungen.
Geführt wurde die EOKA von dem griechischen Obersten Georgios Grivas,
der sich im griechischen Bürgerkrieg 1945-1949 in der Verfolgung
von Kommunisten einen Namen gemacht hatte. Geistiger Führer der «Enosis»-Bewegung
wurde Makarios, der Erzbischof von Zypern. Die EOKA war antibritisch,
antitürkisch und auch antikommunistisch eingestellt. Die Zahl der
aktiven Kämpfer der EOKA wurde auf 1'000 geschätzt. Viele griechische
Zyprioten unterstützten die EOKA nicht etwa aus Überzeugung,
sondern aus Furcht vor Racheakten.
Ende 1958 einigten sich schliesslich die Aussenminister
Grossbritanniens, der Türkei und Griechenlands darauf, Zypern in
die Unabhängigkeit zu entlassen und gemeinsam eine Verfassung auszuarbeiten.
Grossbritannien mass Zypern nicht mehr die strategische Bedeutung wie
in der Vergangenheit bei, behielt aber zwei Militärbasen auf der
Insel (ca. 4% des Inselterritoriums).
1960 Gründung der Republik Zypern
Griechenland, die Türkei und Grossbritannien sollten die Unabhängigkeit
Zyperns garantieren. Die eigentlich Betroffenen, die türkische und
die griechische Bevölkerungsgruppe war - getreu kolonialer Tradition
- an der Abfassung dieses Abkommens nicht nennenswert beteiligt. Am 16.
August 1960 proklamierte der zum Präsidenten gewählte Erzbischof
Makarios die unabhängige Republik Zypern. Die Obristen in Griechenland
zwischen 1967 und 1974 hatten am 15. Juli 1974 einen Putsch gegen Makarios
angezettelt, der letztlich zur heutigen Teilung Zyperns führte. Die
griechischen Obristen waren mit einer betont nationalistischen Rhetorik,
in der auch Zypern eine wichtige Rolle spielte, angetreten. Um von internen
Repressionsmassnahmen abzulenken, erklärte die Militärjunta
das nationale Ziel der «Enosis» zur Priorität ihrer Aussenpolitik.
Die türkische Armee hatte 37% der Insel erobert. 200'000 griechische
Zyprioten waren vor den türkischen Truppen in den Süden, 45'000
türkische Zyprioten waren in den Norden geflohen. Von nun an sollten
getrennte Entwicklungen in beiden Teilen der Insel das Leben prägen.
Civil Affairs Branch (CAB) UNFICYP
Die Dienststelle für zivile Angelegenheiten bei den UN-Truppen auf
Zypern ist eine der jüngsten Abteilungen. Sie wurde 1999 ins Leben
gerufen und besteht aus Militärangehörigen, Polizisten und UN-Zivilpersonal.
An ihrer Spitze steht ein Zivilangestellter, der indische CCAO (Chief
Civil Affairs Officer) Mister Kannan Rajarathinam. Unter ihm gibt es drei
Zweige, wovon der CAPO (Civii Affairs Political Officer) noch vakant ist;
die beiden anderen sind durch den österreichischen Major Klaus Storn
als CAMLO (Civil Affairs Military Liaison Officer) und durch die irische
Inspektorin Maura Lernihan als CAPLO (Civil Affairs Police Liaison Officer)
besetzt. Die Aufgaben der CAB (Civil Affairs Branch) gliedern sich eigentlich
in vier Bereiche:
- |
Die jeweils eine Bevölkerungsschicht zu unterstützen,
welche im jeweils anderen Teil Zyperns lebt, namentlich griechisch
Zyprioten, welche im besetzten türkisch zypriotischen Norden
wohnen, sowie die türkisch Zyprioten, welche im südlichen
anerkannten Zypern wohnen. |
- |
Unterstützung der Zivilbevölkerung, welche
in der UN-Pufferzone lebt. Ausstellen von Bewilligungen zum Bewirtschaften
und Ackerbau, aber ebenso Kontrolle über Bauaktivitäten
in der Pufferzone immer im Konsens, die UN-Resolution einzuhalten,
welches sonst eine sofortige Protestnote der türkischen Invasionsarmee
zur Folge hätte. |
- |
Unterstützung von lokalen Zusammenarbeiten zwischen
den beiden Bevölkerungsschichten (wo diese teilweise möglich
sind, wie z.B. in Pyla, dem einen Dorf in der Pufferzone, wo beide
Bevölkerungsgruppierungen nicht zusammen-, aber wenigstens nebeneinander
leben. |
- |
Allgemeine humanitäre Angelegenheiten. |
Wöchentliche Patrouillen in
den Norden
Im nordöstlichen Teil Zyperns in den Karpas leben noch 421 Griechisch-Zyprioten,
welche bei der Invasion der türkischen Armee 1974 in ihrer Heimat,
in einer Enklave blieben. Um die medizinische Fürsorge der Griechisch-Zyprioten
kümmert sich ein türkisch-zypriotischer Arzt, dessen ärztliche
Rezepte an das Rote Kreuz gelangen. Diese werden vom nordzypriotischen
Roten Kreuz an das südzypriotische Rote Kreuz weitergeleitet, welches
die Medikamente beschafft und dem wöchentlichen UN-Konvoi mitgibt.
Der wöchentliche oder zwei Mal wöchentliche Konvoi wird von
UN-Polizisten sowie von einem nordzypriotischen Polizisten in zivil begleitet.
Um sich Unannehmlichkeiten mit der nordzypriotischen Polizei zu ersparen
(es ist schliesslich bei jeder Patrouille ein Polizist in zivil anwesend),
verlaufen die humanitären Gespräche zwischen den Bewohnern in
den Karpas und der UN nicht immer sehr offen. In der Gegend von Kormakiti,
auch im besetzten nördlichen Zypern, leben ferner 157 Maroniten,
welche ebenso durch die Civil Affairs Branch besucht werden. Im Gegenzug
leben aber auch einige hundert Türkisch-Zyprioten im südlichen
Teil der Insel in der Gegend von Limassol und Paphos.
CAMLO (Civil Affairs Military Liaison
Officer)

CAMLO (Civil Affairs Military Liaison Officier),
Major Klaus Storm. |
Der österreichische Ingenieur Major Klaus Storn
ist seit nun zwei Monaten auf Zypern bei der UNFICYP in der Civil Affairs
Branch und stand zusammen mit dem «Chief Clerk» dem österreichischen
Offiziersstellvertreter Reinhard Zeller, dem SCHWEIZER SOLDAT Red und Antwort.
Da bei Problemlösungen die Ansprechpartner für den CAMLO nur auf
direkter Ministerebene erfolgen, erschwert dies die speditiven Abwicklungsversuche
der beiden Österreicher und ihres lokalen UN-Zivilpersonal-Teams sehr.
Entlang der Pufferzone in den drei Sektoren stehen dem CAMLO die Sector
Civil Affairs Teams (SCAT 1, SCAT 2 und SCAT 4) zur Verfügung, welche
wöchentlich ihren Bericht abgeben, wo es in der Pufferzone irgendwelche
Veränderungen in ziviler Angelegenheit gibt (Um- oder Neubau von Liegenschaften).
Immerhin wohnen und arbeiten in der UN-Pufferzone 8'000 Personen.
CAPLO (Civil Affairs Police Liaison
Officer)

Der indische Inspektor Deepak Dhole (links) und
die irische Inspektorin Maura Lernihan (rechts) die CAPLO (Civil Affairs
Police Liaison Officer). |
Wesentlich effizienter und schneller kann dagegen das Team
der CAPLO arbeiten. Die irische Inspektorin Maura Lernihan und der indische
Inspektor Deepak Dhole erzählten dem SCHWEIZER SOLDAT ihre Arbeit.
Die Ansprechstellen der beiden zypriotischen Seiten sind die Polizei und
Gefängnisbehörden direkt. Wird aus irgendwelchen Gründen
ein Türkisch-Zyprer, welcher im Süden lebt, in Polizeigewahrsam
genommen, wird der Polizei-Verbindungsoffizier der UNO direkt kontaktiert.
Er ist auch die Verbindung zu den Familienangehörigen. Bei Sprachproblemen
werden Dolmetscher der Civil Affairs Branch eingesetzt, ebenso sitzt ein
Mitarbeiter der CAPLO bei Gerichtsverhandlungen als Beobachter im Gerichtssaal.
Seit der Grenzlockerung vom 23. April 2003, bei der sich Insel-Zyprioten
gegenseitig unter gewissen Auflagen besuchen können, passierten an
den vier Grenzsteilen beim Ledra Palace in Nicosia, Ayios Dometios, Pergamos
und Strovilla bis zum 1. Mai 2004 total 3,7 Millionen Menschen die Grenze.
Die UNFICYP beobachteten über 50 Grenzverletzungen, Verkehrsverletzungen
und unbewilligtes Fotografieren, ferner wurden 16 kriminelle Handlungen
von Türkisch-Zyprioten im Süden des Landes verübt sowie 38
kriminelle Handlungen von Griechisch-Zyprioten im besetzten Norden der Insel.
Während der vergangenen sechs Monate wurden bei der UNFICYP im Ledra
Palace Hotel in Nikosia 138 Aktivitäten organisiert, welche an die
7'300 griechisch und türkisch Zyprioten zusammenbrachten.
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Der ungarische Hauptmann György Vartmann
und sein slovakischer Kollege Major Szigeti vom SCART 4 (Sector Civil
Affairs Team) aus dem Sektor 4 der UNFICYP beim wöchentlichen
Rapport beim österreichischen Major Klaus Storm. |
Cyprus - UNFICYP - Zahlen
und Fakten |
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United Nations Peacekeeping
Force in Cyprus |
Ort: |
Zypern |
Hauptquartier: |
Nicosia |
Dauer: |
März 1964 bis heute |
Chef der Mission: |
Zbigniew Wlosowicz (Poland) |
Force Commander: |
Major-General Herbert Joaquin Figoli
Almandos (Uruguay) |
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Stärke (Stand: 31.
März 2004) |
1395 total uniformiertes
Personal inklusive 1348 Soldaten und 47 Polizisten; 43 international
civilian personnel, 106 local civilian staff |
Beteiligte Nationen:
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Argentinien, Bolivien,
Brasilien, Chile, Paraguay, Peru, Uruguay, Österreich,
Canada, Finnland, Ungarn, Irland, Slowakei, Grossbritannien |
Polizisten aus: |
Australien, Indien, Irland
und Niederlande |
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Financial Aspects Method
of financing Assessments in respect of a Special Account Approved
budget: |
1 July 2003 - 30 June
2004: $45.77 million (gross), including voluntary contributions
by Cyprus - $14.57 million and Greece - $6.5 million |
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